Eine Kurzgeschichte von KW Thörmer aus dem Buch Blicke !
So ging alles seinen Weg.
Toin und sein Meister waren schon zwei Tage unterwegs, verließen langsam das verbrannte Land.
Die Luft stank nach einer unsäglichen Mischung aus verkohltem Holz und Fleisch.
Hin und wieder kamen sie an einem hastig aufgeworfenen Hügel vorbei, dessen Spitze mit
einem geborstenen Schwert oder einer zerbrochen Lanze verziert war.
Sie redeten nicht viel.
Der Esel trug ihre wenige Habe und die paar Lebensmittel. Toin hielt sich zuweilen am
Schwanz fest, wenn schwermütige Gedanken ihn abstumpfen liessen.
Der Meister führte den Esel, hielt ihn an kurzer Leine , die Linke hielt den Arn, den leicht
gebogenen Kampfstab der Roten Mönche.
Meile um Meile bis wieder etwas grün auftauchte – magere Büsche, ruppige Knüppeleichen, die
ein paar Blätter behalten hatten, keimende leuchtend-grüne, einzelene Grashalme in verbrannter Erde.
Gegen Mittag hielten sie an den Ruinen eines Erns an – vielleicht lebte ein Köhler hier
oder es war mal eine Pferdestation. Toin rätselte nicht lange, denn er war müde und
seine Beine wie Blei.
„Holz“. dem Meister schien es nicht wirklich besser zu gehen. Toin hatte beobachtet, wie er
immer wieder heimlich Brocken geronnenes Blut hustete.
Toin liess den Schwanz des Esels los und ging um den Ern herum.
Hier lagen ein paar Balken, die nur halb verbrannt waren und er zerrte sie zu einem Haufen
zusammen. Bis-Zunder und Feuerteufel brachten sie bald zum brennen. Toin stellte den
Kessel – ihren derzeit wichtigsten Besitz- auf das Feuer, füllte kostbares Wasser hinein
und kleine Brocken von getrockneten Fleisch, matchige Pflaumen, die sie unterwegs in einer Kate
entdeckt hatten und zerstampfte Hirse.
Zusammen ein nahrhaftes Mahl.
Sie kauerten sich in den Windschatten der geborstenen Mauern um dem allgegenwärtigen
Staub zu entgehen und löffelten – Toin gierig , der Meister langsam und gedankenverloren.
Immer wieder fielen irgendwelche Essensreste in seinen ohnehin schon dreckigen Bart.
Zwei Vorderzähne waren ihm ausgeschlagen worden, vielleicht lag es daran.
„Was hast du heute gelernt?“ – der Meister nuschelte unerwartet.
Toin schreckte auf, sein Kopf tauchte aus dem Kessel auf, wo er die Reste herausleckte.
„Ich , ich …. “ stotterte er. „Nun?“
Der Meister seufzte.
„Depression, Tod und Flucht sind der Untergang des rationellen Denkens. Was kannst du
dagegen tun ?“ Wieder hustete er und spie dunkle Brocken auf den Boden hinter sich.
Toin stammelte : „Die Tantra 31 oder .. äh..“
„ÜBUNG!“ unterbrach ihn der Meister und stand auf. So rasch, dass es seinem zerschlagenen
Gesicht und der zerfetzten, dreckigen Kleidung Hohn sprach.
Die Monate und Jahre des Drills liessen Toins Körper irgenwie ganz allein reagieren. Er stemmte sich mit
scheinbar knirschenden Gelenken auf und setzte die Füsse in die Grundstellung.
„Lektion 1.“ Seite an Seite schritten sie die erste Übung durch, atmen, stossen, schnelle
Schritte – wie ein Tanz, jedoch zuweilen durch brutale Gewalt unterbrochen, wenn eine
blitzschnelle Faust ein imaginäres Nasenbein zertrümmerte oder die Kante des Fusses
ein ebenso imaginäres Bein brach.
Die Übung war die Grundübung der Novizen im Kloster und die einzige die im ersten Jahr
gelehrt wurde. Toin war im 8. Jahr und schon Einblick in weitere Techniken – doch die
Routine der 1. Lektion lockerte seine verkrampften Glieder und den Geist.
Als die Übung endete waren Meister und Schüler ruhig, locker und beinah selbstgewiss.
„Nun schlaf !“
„Ja, Meister.“
Toin nahm seine zerlumpte Decke und kroch in einen Winkel der Ruine.
Das letzte was er sah bevor er einschlief, war die Silhouette des Meisters
vor dem dunkler werdenden Himmel.
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Gedankenverloren wickelte Regina sich eine Haarsträhne um den Finger, während
eine sanfte Brise ihr Gesicht kühlte. Sie stand am offenen Fenster des alten Nordturms,
der im Winter meist wegen seiner kalten Gemäuer gemieden wurde, im Sommer aber leicht
Treffpunkt junger Paare war, die zu Hause keinen Platz für ungestörtes Beisammensein hatte.
Sie hatte die verwitterte Lade aufgestossen und blickte über Burgplatz und Land
langgestreckte, grüne Hügel, denen man noch fast den
vergehenden Winter ansah : vereinzelt mit weissen Stellen in schattigen Flecken.
Immerhin liefen schon die winzigen Wollflocken der ersten Schafherden am Ufer des
Tuin-ho, verfolgt von tollenden Jungen, die sich mehr um Kabelei und Rennerei
als um die Herde kümmerten. In der Ferne konnten man die hohen Berge ahnen mit ihren
ewig wolkenverhangenen Gipfeln.
Im Burghof vor der Kapelle lief der Squirre auf und ab, eingehüllt in einen dicken
braunen Mantel – und dennoch immer frierend. Wie ein kleiner Hund versuchte sein Leibdiener
Jedock im zu folgend – immer einen Krug mit heissem Wein balancierend.
Der Squirre von Hulden war Reginas Cousin – viel zu jung um die Geschicke der Burg und
des Landes zu lenken. Aber aus der Familie war kaum ein anderer geblieben.
Mitten im Hof, das Gesicht mit geschlossenen Augen der Sonne entgegen gestreckt, stand
breitbeining, riesig und hemdsärmelig der erste Berater, Senneschall Dolzer.
Regina kannte die Diskussionen der drei aus ungezählten Abenden – mal im Hauptsaal unter dem
Atrium, mal in der Gesinde-Speise bei der Küche.
Fast gerührt beobachtete sie, wie Felix von Hulden sich den Mantel enger um die Schultern schlug.
Seit seiner Verletzung durch einen Pfeil im letzten Herbst schien er ständig zu frieren, auch
wenn die Wunde lange verheilt war.
Bald schon würde der Heeribann ausgerufen und die Ritter des Berglandes mit ihrem Gefolge würden sich um die Fahne Huldens scharen. Waren erst die Spitzen der Berge frei von Schnee, würden die Trolle wieder kommen, dann war es zu spät. Wieder würde ein Jahr vergehen, wo die wehrfähigen Männer auf den Feldern der Hulden-Auen fehlen würden . Mit jedem dieser Jahre würde die Ernte geringer ausfallen und der Küchenmeister Schmalhans würde Einzug halten in allen Katen, Häusern und Burgen.
Von hier oben aus hatte sie einen wundervollen Ausblick über die nahen Hügel und die fernen Berge.Sie trat hinüber zur Südseite und öffnete auch dort den Fensterladen. Ihr Haar, Schal und Fens begannen im Durchzug zu flattern.
Hier im Süden konnte man – ganz fern und dünn – das Band des Furch erahnen, eingebettet in grüne Felder und Auen – nur durch den schwarzen Wald getrennt von den Bergen. Einmal war sie mit einem kleinen Gefolge zu den reichen Städten am Fluss geritten. Sie waren wunderschön – manchmal in weissem Sandstein erbaut, manchmal mit Ocker beige gefärbt und mit blauen, gebrannten Steinen verziert. Die Häuser hatten fast durchsichtige Fenster aus Pergament, das den Wind abhielt und dennoch Licht in die Zimmer liess. Die Leute waren durchweg bunt gekleidet – nicht wie das strenge schwarz und braun der Berge. Die Frauen trugen Pluderhosen und unzüchtige, winzige Schals, die den Busen knapp bedeckten.
Regina stand am Fenster mit geschlossenen Augen und versuchte sich an die Vielzahl fremder Gerüche auf den kleinen und größeren Märkten und dem unendlichen Lärm und Getöse zu erinnern. Sie kam sich damals wie ein kleiner, schwarzer Fremdkörper vor in der Masse der Leute. Nur die beiden riesigen Wachsoldaten und der Offizielle der Stadt verhinderten, dass sie einfach von dem tobenden Leben verschluckt wurde.
Von der schmalen Treppe ertönte Gepolter und schwere Schritte. Regina erschrak. Der Platz hier oben war als Zuflucht für Liebespaare bekannt und wenn man sie hier oben erwischte..
Sie sah sich hastig um – nichts zum verstecken – eine kleine Truhe, ein abgewetzter Wandvorhang – halt !War hinter dem Vorhang nicht ein kleiner Alkoven ? Im letzten Moment verschwandt Regina hinter dem Vorhang und hoffte, dass derjenige, der den kleinen Raum betrat, würde die Bewegung nicht mehr gesehen haben.Staub kitzelte in ihrer Nase und sie hielt die Luft an. Irgendjemand setzte sich schwer und einen Moment später hörte sie das Geräusch von Bes-Zunder und Feuerteufel
und roch dann den Geruch von süßem Tabak.
„Regina von Lohengrimme !“
Sie kannte die tiefe, schwere Stimme.
„komm sofort hervor.“
Seufzend schlug sie den alten Wandvorhang beiseite und machte sich auf eine längere Gardienenpredigt gefasst. Der alte Wassbänder , erster Prior seit unglaublich langer Zeit und Vorstand des Klosters, dass zur Burg gehörte, sog geräuschvoll und gurgelnd an seiner Pfeiffe.
Regina musste niesen von den aufsteigenden Staubschwaden.“Wir müssen reden , setz dich!“. Der Prior wies achtlos auf die kleine, schwarze Truhe zu seinen Füßen. Regina hockte sich halb darauf. Sie setzte ihr „Schulgesicht“ auf – aufmerksam die schwarzen Augen auf die Nasenspitze des Priors und bereite sich darauf vor, ihre Gedanken frei über die Berge schweifen zu lassen. „Dieses Jahr Regina, wirst du nicht auf das Gut der Lohengrimmer zurück kehren können, du weißt das. Mehr oder weniger ist im letzten Krieg alles niedergebrannt und das Gesinde geflohen. “ Er paffte eine dicke Rauchwolke nach oben. Regina wartete. „In ein oder zwei Wochen gibt es einen Zug von Novizen hinunter zum Fluß. Du wirst mit ihnen gehen und – lass mich ausreden !“ Regina war empört aufgesprungen. „Du bist die einzige, die hier auf der Burg entbehrlich ist und von Stand , wirst dich in den Städten zu behaupten. Niemand wird es wagen, dich fortzuschicken und man wird dich vorlassen zum Fürsten-Ting.“ Aufgesprungen und bereit ihrer Empörung Luft zu machen verhielt Regina halb zwischen Sprung und Schrei.“Ich gebe dir den Vater Brennhäuser mit, der wird dich beraten und weiterhin deine Ausbildung übernehmen und die erhälst ein kleines Gefolge und einige Preziosen. Du gehst zu deinem Ohm Brietnos.“Regina ließ sich zurück auf die Truhe plumpsen. „Was soll ich in den Flußstätten, jedermann wird denken, ich laufe davon.“ „Jedermann stehe dort seinen Mann oder seine Frau, wo Gott ihn hinstellt. Deine Aufgabe wird es sein, vor dem Ting zu sprechen und ihnen erzählen, was hier in den Bergen passiert – und was passiert wenn sie uns nicht helfen.“ Beide schwiegen. In Reginas Kopf drehten sich die Gedanken.
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Schon-im-Feld starrte stirnrunzelnd auf den Weg, als ob er ein Geheimnis barg. Sein Lendenschurz war nachlässig festgezogen
und die vorbeiziehenden Bilwis-Mädchen kicherten und machten ihre kleinen, gemeinen Witze, während ihm der Sabber einen dünnen Faden Feuchtigkeit über den dreckstarrenden Bart bahnte.
Er beachtete die Mädchen nicht, denn er wusste, dass das nur böse Schelte der Drachen-Mutter nach sich ziehen würde.
Der Wind war fast kühl geworden, der Sommer sicher vorbei, hier in den Bergen.
Schon-im-Feld wartete wie jeden Tag auf Gann-dem-Berg, vielleicht der Einzige im Dorfe- außer der Drachen-Mutter – der wirklich Notiz von ihm nahm. Seine Gedanken liefen im Kreise – wie kleine, gefangene Mäuse, die nicht über den Rand des Milch-Potts klettern konnten, immer wieder abrutschend glitten seine Gedanken im Kreis und wieder und immer wieder im Kreis. Vergeblich versuchte er einen der vielen Gedanken festzuhalten und seine mächtigen Hände zerrieben irgendetwas garantiert ekliges – aber eingebildetes zwischen den Fingern.
Schon-im-Feld war als ganz normaler Junge geboren worden von der Wessen-Hessi aus dem Unterdorf. Die starb jedoch gleich bei seiner Geburt und so kam er in den Drachen-Haushalt – wie ein Dutzend andere auch. Gefährlich war die Geburt eines Bilwis, deshalb waren viele Wege besungen worden, wie man ein Kind vermied und trotzdem seiner Lust nachgehen konnte.
Nur hin und wieder war ein Bilwis-Drilling mit richtiger Liebe gesegnet und alles passte zusammen und sie zeugten ein Kind – nicht wenige Mütter starben bei der Geburt und die Kinder mussten vom Dorf aufgezogen werden. So wurden die Bilwis immer weniger und nicht mehr viele konnten sich erinnern, als die Unter- und die Oberstadt noch eine einzige, große Stadt war. So auch Schon-im-Feld. Bis er 6 Jahre alt war, lief und sprach er mit seinen Vettern, Schwestern, Omen und Open wie jedes Kind. War neugierig, reparierte mehr Sachen als er kaputt machte. Schon damals hatte war zu sehen, dass er groß werden würde für einen Bilwis, dicke Muskeln bekam er und konnte schon mit 6 alle seine Geschwister im Drachenheim umwerfen, gleichwohl manche 2-3 Jahre älter waren.
Als seine Gedanken eingesperrt wurden, war er 7 und niemand wusste wie es dazu gekommen war – er selber am allerwenigsten. Manche hatten ihn auf dem Weg zur Taun-Höhle gesehen – mit einem Korb für Pilze. Andere meinten, er wäre die Himmersgart-Klippe heruntergestürzt, denn dort am Fuße der Klippen fand man ihn – total verwirrt aber unverletzt.
6 Sommer war das jetzt her und sein Zustand hatte sich nicht gebessert. Die Dorfgemeinschaft hatte ihn nicht ausgeschlossen, denn irgendwie hoffte man noch, dass er wieder normal werden würde . So hatte es niemand im Rat angesprochen und er half in seiner langsamen Art in der Drachen-Küche , schlug zuverlässig Holz und sammelte Fliege um Fliege für die Fischer.
Die Welt drehte sich um ihn, viel zu schnell um wirklich wahr genommen zu werden und so stand er dort am Weg und wartete und vergaß zwischendurch auf was er wartete.
Er war groß geworden und das Holz schlagen hatte ihm Muskeln besorgt. Sein Haar war blond und lang und wäre der tumbe Gesichtsausdruck nicht gewesen, hätte man ihn für einen der Bilwis-Recken halten mögen, die in der Morgen-Halle der Oberstadt an den Wänden hing, geschnitzt aus Wich-Holz, bemalt und geschmückt mit Federn und Lederstückchen.
Die Mädchen neckten ihn nur, aber die Bilwis-Jungen schubsten ihn, bis ihm die Tränen heiß in den schmutzigen Bart lief. Gann-dem-Berg war nicht so einer. Und er kam spät heute, bald würde die Drachen-Mutter nach beiden schreien oder pfeifen. Ein weiterer Gedanke kam zu den Topf der sich im Kreise drehenden Gedanken.
Viele kamen vorbei und gingen heim, hier wo sich der Weg gabelte – einmal zur Oberstadt und dann weiter nach Bahnn oder den Berg hinunter nach Unterstadt und weiter nach Klein-Sängingen und endlich auch Gann-dem-Berg mit schwerer Last. Obwohl Bilwise das doppelte ihres eigenen Gewichts tragen konnten, ächzte Gann diesmal unter schwerer Last.Sein Erz-Sack war prall gefüllt und er stiess einen Seufzer der Erleichterung aus, als er Schon-im-Feld erblickte. „Ho-He!“ unterbrach er die Kreis-Gedanken von Schon-im-Feld.
„Pack mit an Immi , gut war heute die Beute!“ Schon-im-Feld nahm den schweren Sack wie ein Klein-Kind in den Armen und schritt hinter Gann durchs Dorf. Eine Handvoll kleiner Bilwise hatte sich neugierig gesammelt: „Heut‘ schlägst du den Tieron-van !“ „Hoch Gann-dem-Berg!“ „Gutes Feld-Gann dem Berg!“ „Glückes-Kind Gann-dem-Berg !“ so riefen sie.
In der Meister-Halle waren schon viele der Bergleute
angekommen, tranken Kräuterbier , lachten und schrien durcheinander. Gelbkraut wurde
geraucht und erhitzte nicht wenige Gemüter.
Tieron-Van stand inmitten seiner Schar von Beirufern, die sich in seinem Glanz
sonnten und ihm schöne Sprüchen machen wussten. „Ho-He, Gann-dem-Berg der
Zweite ! Hast heute gar kein Erz für den Meister ?“ rief er und seine kleine
Meute lachte schallend.
„Ho-He, Tieron-hol den Esel! Wie ich sehe, füllst du gutes Erzgeschäft mit
Egenschafter-Kräuterbier auf !“
Gann-dem-Berg blieb ihm nichts schuldig und manch einer wagte es laut zu
lachen. Dann kam Immi durch die Tür,
gebückt unter dem gewältigen Sack und die Gespräche ringsum verstummten, als
Gann den grossen zur Waage lotste.
Dort saßen seit Mittag die Erz-Meister – erst mit hoheitsvoller Miene, dann –
mit zunehmenden Genuss des Egenschafter Bieres mehr und mehr heiter und mit
roten Nasen.
Die Kreidetafel wurde beschrieben, der Inhalt des Sacks kam
in die Schütte und wurde im Grosswerk unter der Halle gebrochen. In einigen Tagen würde man wissen, wer die
größte Erzfuhre gebracht hatte. Die Stimmung wurde ausgelassener und die jungen
Mägde mussten neben dem Bier auch Hartgebranntes und Hochprozentiges
beibringen. Bänke mit Brot, Schmalzfleisch und Räucherwaren wurden gebracht.
Zahlreiche Pfeifchen beduselten mehr noch als der Alkohol.
Draussen ging der Tag zu Ende. Über den geduckten Hütten und dem Gipfel des
Hausberges ging die Sonne in rot und gelb und lies lange Schatten zurück. Die
Kinder waren verschwunden, ein paar betrunkene Bilwise zogen kichernd und
schwankend die Dorfstrasse hinab. Gann-dem-Berg erschauderte, als er vor die
Halle trat. Ein kalter, böser Wind hatte sich in den milden Herbstwind
gemischt, trieb Wolken über den Hausberg hinweg talwärts. Gann-dem-Berg klopfte
an der Sohle seines Schuhes die Pfeiffe aus und erschrak heftig, als er aufblickte.
Wie angemauert standen 2-3 massive Schatten neben dem Haus des Winkelhäusers.
Schwarz und unbeweglich , dann unterschied
er 3 Schatten – 2 große – fast so groß wie die Regentraufe am schiefen
Haus und ein etwas kleinerer – so gross wie 2 Kobolde vielleicht. Aus dem
unangenehmen Wind wurde ein Eiseshauch und Gann
wurde mit einem Schlag nüchtern und seine Kehle trocken. Ein tiefe
Stimme wie aus einem tiefen Steingrab sprach zu ihm :“Zwerg, hol deinen Häuptling.
Sofort.“ Die Stimme ließ keinen Widerspruch
zu und Kann stolperte rückwärts gegen die Tür der Meisterhalle. Sie schwang
auch rasch auf und eine dichte Qualmwolke, Gelächter und Gesang kamen heraus.
Zitternd steckte Kann 2 Finger in den Mund und plötzlich kam ein heller Pfiff,
der fast das dicke Glas zum springen brachte.
Viel kann man sagen über die Berg-Kobolde zu der Zeit – immer für ein Fest
genug. Bier, Gesang und ein schönes Kobold-Mädchen und sie lassen alle Arbeit stehen. Doch es
gab – tief in dem kleinen Volk ein Gedanke wie eine Macht, die sie zusammen
stehen lassen und nichts – kein Egenschafter und kein Fest konnte sie im Zorn
aufhalten. Der Pfiff war noch nicht verklungen, als mit gewaltigem Poltern wohl
100 Bilwisse aus der Meister-Halle und den umliegenden Häusern kamen. Manche
mit spitzen Eisen-Speeren bewaffnet, andere nur mit ihren rauhen, kräftigen
Händen.
Irgendwo klang hart der Schall einer Glocke, als jemand die unheimlichen
Besucher bemerkte.
Der kalte Wind zerzauste die Bärte die Bilwis und sie warteten- ganz ohne eine
Wort von irgendjemanden – auf ihre kleine, massive Art bedrohlich und ganz und
gar nicht ängstlich.
Die 3 Schatten bewegten sich einen Moment nicht, dann trat der kleinste in das
letzte Licht des Tages und nun ging doch ein Raunen durch die Menge.
„Ein Aun!“
Dürres Gesicht , fast wie ein Totenkopf der Grossen , jedoch mit riesigen,
glänzenden Augen, die im Dunkeln besser sehen konnten wie im Hellen, Hände wie
Schaufeln – so lebten sie in unbekannten und ungenannten tiefen Höhlen –
„Kleine Kaii – handeln will ich mit euch.“
Die Stimme des Aun war tief wie der tiefste Brunnen und ging doch bis zum
letzten Stein auf der hintersten Stufe der Meisterhalle. Er winkte hinter sich
und aus dem einen großen Schatten wurde ein Steintroll. Der Troll stapfte in
die Mitte des Platzes knallte einen schweren Sack – der in seiner Faust wie ein
Kinderbeutel aussah auf den Boden und stellte sich wieder hinter den Aun.
„Ein Aun und ein Tröll , welch seltenes Gespann in diesen
Tagen – weder der eine noch der andere waren viel gesehen hier bei uns auf
unserem Berg !“ Winngramm, der Meister
hatte das Wort ergriffen – furchtlos , wie man es von einem Bilwis erwarten
konnte. Noch mehr Bilwisse waren heran gekommen und einige hatten Öllampen
gebracht, denn nun wurde es rasch dunkel.
„Und das ist gut so ! Was wollt ihr – sprecht schnell .“ Das Licht der Lampen
zitterte auf scharfem Eisen. „Aun, Troll und Zwerg sind nicht Feind in diesen
Tagen. Wenn die alten Götter zur Schlacht ziehen, sind alle Halblinge unterm
und überm Berg gerufen. Wir brauchen gutes Eisen und schnell. Wir bieten Euch
sauberes Wasser und klingendes Erz.“ Ein Murren und tuscheln ging durch die
Reihen der Bilwis. „Sauberes Wasser haben wir genug und festlich Erz ist unser
Geschäft. Vom Krieg wissen wir nichts. Wer zieht gegen wen ?“
„Mórrígan – die heilige Mutter der
Inseln und mir ihr alle Halblinge ziehen gegen die falschen Götter, so ist es
beschlossen worden – gegen den Goldenen und alle die ihm folgen.“
„Die Bilwis wurden nicht geladen zum Ting und wissen nichts von einem Krieg.
Wir gehen unserer Wege bis der Bilwis Rat anders entscheidet.“ Der Meister
stampfte mit seinem Zeremonienstab auf das Pflaster, „in drei Tagen halten wir
den Ting und ich gebe euch das Recht
ohne Not zu sprechen. Kommt ohne Waffe und ohne Tröll, denn die sind nicht
gerne gesehen bei den Bilwis.“
„Mit oder ohne Ting, kleine Bilwis, ihr müsst scharfes Eisen liefern noch
diesen Monat. Wir brauchen Schwert, Spiess und Brünne für hundert mal hundert“
die Stimme des Aun strich unheilvoll über die versammelte Menge, während die
Sonne ganz versank und die Berge in tiefes Dunkel tauchte. „Damit ihr euch
daran erinnert, werden die Quellen des Berges versiegen bis ihr das Eisen auf
den alten Opferstein westlich von hier legt .Dann wird es wieder fließen, rein
und hell.“
Abrupt drehte sich der Aun um und verließ das Ort wie er gekommen war – ein
dunkler, dürrer Schatten zwischen 2 klotzigen Schatten.
So endete das glückliche letzte Zeitalter der Bilwis oder
Kobolde, wie sie von den Menschen ..genannt wurden. Mit dem Aun versiegt der
Dorfbrunnen so plötzlich, ab ob jemand den Zapfen in ein Spundloch geschlagen
hätte, der Dorte, der in vielen kleinen Bachläufen mitten durch das Dorf floss
wurde in dieser Nacht zu einer stinkenden Schlammbahn und die Bilwis lernten
den Durst kennen.
Toin schlief trotz aller Erschöpfung schlecht. Jeder Muskel
tat ihm weh, jede Bewegung ließ ihn halb erwachen Der Morgen kam schneller als
er erwartet hatte. Tau hatte seine zerfetzte Decke feucht durchtränkt. Toin
stand stöhnend auf. Der Meister saß ein wenig zusammengesunken an der gleichen
Stelle wie am Abend. Toin lockerte seine Muskeln, dehnte und streckte Rücken,
Beine und Arme. Leise um den Meister nicht zu wecken suchte er sich einen Platz
für sein Wasser. Immer noch hing schwer der Rauch in der Luft und nicht nur von
dem alten Gehöft in dem sie Schutz gesucht hatten.
Er ging zurück zu dem kleinen Lagerfeuer und begann den kleinen Topf mit Asche
und Sand zur einigen. Immer noch hatte der Meister sich nicht gerührt und
schließlich ging Toin zu ihm.
Er sprach ihn leise an, doch der Meister rührte sich nicht. Ein beherzter Griff
an die Schulter ließ seinen Kopf haltlos zur Seite rollen und die Gestalt
langsam umkippen. Er war tot.
Wie betäubt stand Toin ratlos schauten er und sein einziger Gefährte der Esel auf den Leichnam. Toin schaute sich um und plötzlich erschien die Umgebung unsicher, jeder Schatten drohte mit einer Gefahr. Toin riss sich zusammen. Eine Atemübung und Anspannen und lockern von Muskeln gab ihm Stand und Gleichgewicht zurück.
Eine Wand des Gehöfts war halb zerfallen und bot genug Steine um den Meister zu begraben. Eine Fahne – herausgerissen aus seinem Gewand und der Wanderstab oben in das Grab gesteckt würden noch ein wenig an ihn erinnern, so hoffte Toin. Die wenigen Sachen waren schnell verstaut, der kleine Topf oben aufgebunden und dann führte Toin den Esel zurück zum Weg, immer weiter weg vom Norden, weg von den verfluchten Bergen in das grüne Tiefland.